Warum eine Ärztegenossenschaft?

In einer sich dramatisch wandelnden Struktur der Gesundheitsversorgung auf dem Lande ist es höchste Zeit, sich den Herausforderungen zu stellen, um auch künftig eine ortsnahe Gesundheitsversorgung der ländlichen Bevölkerung zu gewährleisten.

 

Junge Ärzte scheuen das unternehmerische Risiko einer Einzel- oder Gemeinschaftspraxis auf dem Lande und ziehen häufig die Tätigkeit als angestellter Arzt in der Stadt vor. Da mittlerweile über 70 Prozent der Medizin-Studienabgänger weiblich sind, wird man auf die Vorstellungen der Ärztinnen, Familie und Beruf vereinbaren zu können, eingehen müssen. Hier sollen Medizinische Versorgungszentren auf dem Lande eine Lösung bieten, die es den Ärztinnen ermöglicht, auch in Teilzeit tätig zu werden und somit Familie und Beruf gerecht werden zu können.

 

Nun benötigen diese Medizinischen Versorgungszentren auch Trägergesellschaften. Dafür kommen zunächst Kliniken, Landkreise oder Kommunen in Frage. Bei Gründung Medizinischer Versorgungszentren in den aufgeführten Trägerschaften stellt sich aber immer wieder das Problem, dass die Ärzte vor Ort in den Einzel- oder Doppelpraxen in den neuen Strukturen unter Umständen eine subventionierte Konkurrenz sehen, die sie als unlauteren Wettbewerb wahrnehmen.

 

Dem kann entgegengewirkt werden, in dem sich die vorhandenen niedergelassenen Ärzte in einer Genossenschaft organisieren und in dieser als Träger fungieren. Hier können beispielsweise existierende Praxen von der Genossenschaft übernommen, als MVZ weitergeführt werden und der abgebende Arzt kann noch einige Jahre als angestellter Arzt in Teilzeit in der eigenen Praxis weiter praktizieren. Die frei werdende halbe Arztstelle kann mit einer angestellten Ärztin besetzt werden.

 

Sämtliche organisatorische Aufgaben wie Abrechnung, Qualitäts-Management, Hygiene-Beauftragung, Materialbeschaffung, Personal-Management können auch von einer weiter entfernt gelegenen Zentrale übernommen werden. In Kooperation mit einer Klinik können auch Weiterbildungs-Verbünde geschaffen werden, die es ermöglichen, junge Ärzte für die Arbeit auf dem Lande zu gewinnen. Den Ängsten der abgebenden Ärzte, sich gegen eine private oder staatlich subventionierte Konkurrenz erwehren oder ihre Praxis ohne Nachfolger schließen zu müssen, könnte mit diesem Modell entgegengewirkt werden.

 

Auch profitieren von diesem Konzept die jüngeren Landärzte, indem sie nicht befürchten müssen, in einer Region als lezter praktizierender Arzt die gesamte Versorgung stemmen zu müssen. In einer Genossenschaft können die Landärzte ihre gesamte, oft jahrzehntelange Erfahrung einbringen, um die Medizinischen Versorgungszentren auch wirtschaftlich zum Laufen zu bringen. Diese Expertise fehlt häufig den Kreisen, Kommunen oder auch Kliniken. Gleichwohl ist eine enge Zusammenarbeit mit diesen erforderlich, da - zumindest in der Anlauf-Phase - das finanzielle Risiko von den genossenschaftlich organisierten Ärzten sicher nicht getragen werden kann und wird.

 

Die Genossenschaft bietet den Vorteil, dass sie für alle interessierten niedergelassenen Ärzte der Region eine niederschwellige Einstiegsmöglichkeit bietet, die beispielsweise in einer GmbH in dieser Form nicht gegeben ist. Sie garantiert auch jedem Mitglied Einflussmöglichkeiten und gleiches Stimmrecht.

 

Insofern glauben wir von der ÄGIVO eG, dass wir mit unserem Konzept einerseits zwar Neuland betreten, andererseits aber einen fließenden Übergang in der Versorgung gewährleisten können, ohne die bestehenden funktionierenden Strukturen zuvor zu zerschlagen, um anschließend für viel Geld neue Strukturen zu entwickeln.

 

Thomas Fuckner 

Vorstand der ÄGIVO eG